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Wo und wann finden die nächsten Olympischen und Paralympischen Spiele statt?
2024: Sommerspiele in Paris
2026: Winterspiele in Milano und Cortina
2028: Sommerspiele in Los Angeles
2030: Winterspiele noch nicht vergeben
2032: Sommerspiele in Brisbane
2034: Winterspiele noch nicht vergeben
Warum prüfen Swiss Olympic und die Schweizer Wintersportverbände, ob die Schweiz ab 2030 Olympische und Paralympische Winterspiele durchführen soll?
Die Olympischen Spiele sind der bedeutendste Sportanlass der Welt – diese im eigenen Land mitzuerleben wäre für die Schweizer Athletinnen und Athleten sowie alle Sportfans ein einmaliges Erlebnis: ein Sportfest für das ganze Land. Die Schweiz kann Olympische und Paralympische Winterspiele auf der Basis diverser Wintersport-Grossanlässe ausrichten, die jüngst im Land stattgefunden haben oder in den nächsten Jahren stattfinden werden. Bestehende Sportstätten und Organisationsstrukturen könnten wiederverwendet werden. Über den Sport hinaus bietet die aktuelle Situation für die Schweiz eine Vision: Die Olympischen Spiele befinden sich – wie die ganze Welt – im Wandel. Die Schweiz als Wintersportnation mit ihrer Innovationskraft kann einen grossen Beitrag dazu leisten, die Olympische und Paralympische Bewegung in die Zukunft zu führen. Mit dezentral organisierten, vernünftig und nachhaltig organisierten Spielen für alle, die über den Zeitraum der Spiele hinaus einen Nutzen für die ganze Gesellschaft schaffen.
Wie profitiert die Gesellschaft konkret?
Die konkreten Legacy-Projekte und Programme werden in einem nächsten Schritt erarbeitet, falls das Projekt weitergeführt wird. Vorgesehen sind Engagements und Kollaborationen in Themen und Bereichen wie Bildung und Bewegung, Energiewende, Tourismus, digitale Transformation, Diversität und Inklusion – so prüfen wir unter anderem, ob es möglich ist, die Olympischen und Paralympischen Spiele viel stärker miteinander zu verbinden, als dies bisher der Fall ist. Denkbar sind auch generationsübergreifende Management- und Empowerment-Programme, dank denen junge Führungspersonen und insbesondere Frauen einzigartige Erfahrungen sammeln und dabei auf Unterstützung von erfahrenen Coaches zählen können.
Wie lautet die Projektvision?
«Switzerland 203x: The first Host Country ever – for the most sustainable Olympic Games ever»: Die Schweiz wird zum ersten (para-)olympischen Host Country der Welt und organisiert Olympische und Paralympische Spiele, die zum Ausdruck der Transformation in eine nachhaltige Gesellschaft werden. Gleichzeitig – und das wird ihr Vermächtnis – leisten die Spiele einen Beitrag zu dem Wandel, hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft in der Schweiz.
Wie ist das x in der Projektvision «Switzerland 203x» zu verstehen?
Damit ist gemeint, dass das Projekt eine mögliche Austragung in den Jahren 2030, 34 oder 38 prüft. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht konkretisiert, welches dieser Austragungsjahre angestrebt würde im Fall einer positiven Machbarkeitsstudie. Entsprechend der Erkenntnisse und Ergebnisse aus diesen Abklärungen kann im Zeit- und Planungshorizont ein anderer Fokus resultieren.
Ist das bereits eine offizielle Kandidatur der Schweiz?
Nein! Derzeit führen Swiss Olympic und die Wintersportverbände eine Machbarkeitsstudie durch, in der die Rahmenbedingungen für eine mögliche Kandidatur geprüft werden. Erst danach entscheidet zuerst der Exekutivrat von Swiss Olympic und danach die Versammlung des Sportparlaments, ob das Projekt weiterverfolgt und somit eine offizielle Kandidatur angestrebt wird. Ausserdem hat sich auch der Vergabeprozess des IOC grundlegend geändert (> siehe Frage: Was ist konkret anders als bei früheren Kandidaturen?).
Wie sieht der Prozess aktuell aus und was sind die nächsten Schritte?
Swiss Olympic befindet sich seit April 2023 im Rahmen des «Future Host Process» im sogenannten «kontinuierlichen Dialog» mit dem IOC. Zusammen mit den Wintersportverbänden prüft Swiss Olympic nun, welche Rahmenbedingungen für die Durchführung von Olympischen und Paralympischen Winterspielen 2030, 34 oder 38 gegeben sein müssen. Die Prüfung der Rahmenbedingungen soll bis im Herbst 2023 abgeschlossen sein. Nur wenn diese in allen Bereichen – auch in Sachen Unterstützung durch die Kantone und der Bevölkerung – positiv ausfällt, wird Swiss Olympic der Versammlung des Sportparlaments im November 2023 vorschlagen, den Prozess weiterzuverfolgen. Bei einem dann positiven Beschluss des Sportparlaments würde in einem nächsten Schritt der sogenannte «gezielte Dialog» mit dem IOC angestrebt, um gemeinsam eine mögliche Austragung im Jahr 2030, 2034 oder 2038 weiterzuentwickeln. Das IOC kann mit mehreren Interessenten für ein Austragungsjahr in einen «gezielten Dialog» treten; am Ende entscheidet die IOC-Session als oberstes Organ des Internationalen Olympischen Komitees über die Vergabe.
Wann wird das IOC die Winterspiele 2030 vergeben?
Das IOC vergibt die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2030 im Jahr 2024, voraussichtlich im Rahmen der Olympischen Sommerspiele von Paris, die vom 26. Juli bis zum 11. August stattfinden. Möglich ist dann auch eine Doppelvergabe für die Austragungen der Winterspiele von 2030 und 2034, wie das 2017 bei der gleichzeitigen Vergabe der Sommerspiele von Paris und Los Angeles (2028) bereits der Fall war.
Die Stimmbevölkerung hat in den letzten Jahren zweimal Nein gesagt zu Olympia-Kandidaturen. Weshalb prüft Swiss Olympic nun eine erneute Kandidatur?
Nach der gescheiterten Bewerbung von Sion für die Winterspiele 2026 ging auch Swiss Olympic davon aus, dass es lange dauern würde bis zu einer erneuten Kandidatur aus der Schweiz. In den vergangenen Monaten hat sich jedoch gezeigt, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) grundlegend an der Anpassung der Kriterien für die Vergabe und Durchführung Olympischer und Paralympischer Spiele interessiert ist. So sind nun Durchführungsorte gesucht, die gewillt sind, die Spiele ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig durchzuführen – nach der Devise, dass die Spiele zum jeweiligen Land passen und nicht umgekehrt.
Was konkret ist anders im Vergleich zu den früheren Kandidaturen?
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Bislang waren es Städte bzw. Regionen, in denen Olympische Spiele stattfanden. Neu lässt das IOC auch Bewerbungen mit nationalem Ansatz zu. Für Swiss Olympic ist klar, dass nur ein nationales Projekt in Frage kommt, lokale Konzepte werden nicht mehr verfolgt. Das bedeutet: Dezentrale Winterspiele in der ganzen Schweiz. Damit können bestehende Infrastrukturen genutzt werden und es müssen keine neuen Anlagen gebaut werden.
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Erstmals sind die nationalen olympischen Wintersportverbände von Beginn weg stark in den Prozess einer möglichen Olympia-Kandidatur involviert. Es ist somit kein politisches Projekt, sondern ein Projekt des Sports für die gesamte Gesellschaft.
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Das IOC entwickelt die Kandidaturen neu im Dialog mit interessierten Austragungsorten und nach der Devise, dass die Spiele zum jeweiligen Land passen und nicht umgekehrt. Mit der Einführung von drei Dialogstufen anstelle des altbekannten Wettbietens verschiedener Kandidaturen wird das Kostenrisiko für potenzielle Interessenten massiv gesenkt.
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Die Leitung der Wettkampf-Veranstaltungen in den verschiedenen Disziplinen stützt sich auf die lokalen Organisationskomitees, die bereits eine Grossveranstaltung geleitet haben.
Kann die Schweiz einen Anlass dieser Dimension stemmen?
Mit dem aktuellen dezentralen Konzept als «Host Country» kann die Schweiz nicht nur auf bestehende Infrastruktur setzen, sondern auch auf viel lokales Organisations-Know-how. Ab 2023 finden zahlreiche, global relevante Sportereignisse in der Schweiz statt, darunter diverse Welt- und Europameisterschaften im Wintersport. Bis 2027 werden in 8 oder 10 (offene Kandidaturen Eiskunstlauf-WM 2027 und Ski-Mountaineering-WM 2025) von 14 Olympia-Sportarten Weltmeisterschaften in der Schweiz ausgetragen. Die entsprechenden Austragungsorte können ihre Disziplinen in gleicher Weise anlässlich von Olympischen Spielen betreiben. Damit würden wir vom Know-how der verschiedenen Organisationskomitees profitieren und eine neue Generation von Organisatorinnen und Freiwilligen ausbilden, die sich für das nachhaltige Wohl des Schweizer Sports einsetzen.
Übersicht der internationalen Wintersportanlässe 2020-2030 in der Schweiz:
Rollstuhl Curling-Weltmeisterschaft, Wetzikon
Ski- und Snowboardcross Junioren-Weltmeisterschaft, Veysonnaz
Biathlon-Europameisterschaft, Lenzerheide
Eishockey-Weltmeisterschaft U18 Männer, Basel/Porrentruy
Eishockey-Weltmeisterschaft U18 Frauen, Zug
Ski Mountaineering-Weltmeisterschaft, Morgins (Kandidatur)
Biathlon-Weltmeisterschaft, Lenzerheide
CISM Military World Winter Games, Zentralschweiz/Goms
Eiskunstlauf-Weltmeisterschaft, Lausanne (Kandidatur)
Was kosten solche Spiele?
Dazu lässt sich noch nichts Gesichertes sagen. Die Kosten sind eine zentrale Frage in der aktuellen Machbarkeitsstudie, die bis im Herbst 2023 läuft. Wesentlich ist aber sicher: Das aktuelle Konzept basiert auf bereits bestehender Infrastruktur, was sich natürlich kostensparend auswirkt.
Sind gar keine Investitionen in neue Infrastruktur nötig?
Für 13 von 14 Olympischen Wintersportarten verfügt die Schweiz zum Ende des Jahrzehnts über eine zeitgemässe, moderne Infrastruktur. Einzig für den Eisschnelllauf fehlt eine mögliche Wettkampfstätte. Hier werden wir Gespräche führen mit anderen Nationen, die als Partner involviert werden könnten – dank den angepassten IOC-Vorgaben im Sinne der Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit ist es nun problemlos möglich, einzelne Wettkämpfe ausserhalb des Austragungslandes durchzuführen. Das Konzept sieht auch keinen Bau eines grossen olympischen Dorfes vor, sondern olympische Hubs unter Verwendung der bestehenden Beherbergungsmöglichkeiten. Auch das bereits existierende Verkehrsnetz genügt höchsten Ansprüchen.
Wird es wieder eine Volksabstimmung geben?
Das hängt von der Höhe einer allfälligen Mitfinanzierung durch die öffentliche Hand ab. Weil mit finanziell redimensionierten Spielen und sehr geringen Infrastrukturkosten gerechnet wird, ist es durchaus denkbar, dass die Organisation solcher Winterspiele hauptsächlich privatfinanziert werden kann, womit keine Volksabstimmung nötig wäre – wie das im Übrigen auch bei anderen Grossanlässen wie z.B. der Fussball-Europameisterschaft 2008 nicht der Fall war. Auch kantonale Volksabstimmungen sind denkbar. Wo und wann das der Fall sein könnte, ist Teil der Machbarkeitsstudie. Für Swiss Olympic ist klar, dass der aktuelle Prozess nur weiterverfolgt wird, wenn das neue Konzept sowohl von den Kantonen als auch von der Bevölkerung unterstützt wird. Im Herbst ist deshalb eine repräsentative Bevölkerungsumfrage vorgesehen, die Aufschluss über die Haltung der Schweizerinnen und Schweizer zu diesem neuen Konzept liefern wird.
Wie finanzieren sich die Spiele?
Einerseits mit dem Finanzierungs-Beitrag des IOC – für die Winterspiele 2026 in Milano und Cortina rechnet das IOC mit Unterstützungsbeiträgen in der Höhe von 925 Millionen Dollar.
Andererseits werden die Spiele mit Einnahmen vor allem aus Ticketverkäufen und Sponsoring finanziert. Für die Sicherheitskosten würden die Kantone aufkommen, so wie sie das bei einem World Economic Forum (WEF) oder auch bei einem Fussballspiel auch machen. Wie hoch diese Kosten für die öffentliche Hand wären, wird derzeit in der Machbarkeitsstudie evaluiert.
Für Sion 2026 sprach der Bund eine Defizitgarantie von knapp 1 Milliarde Franken aus. Wird er das auch für 203x müssen?
Nein, das IOC fordert keine staatlichen Defizitgarantien mehr. Neu muss der jeweilige Veranstalter eine Reserve von 200 Millionen Dollar zurückstellen zum Zweck einer finanziellen Absicherung – eine staatliche Beteiligung an diesem Beitrag ist nicht mehr vorgeschrieben.
Generieren die Spiele auch Einnahmen für die Öffentlichkeit?
Ja, die Austragung von Olympischen und Paralympischen Spielen stimuliert die regionale und nationale Wirtschaft und generiert damit indirekt auch staatliche Einnahmen, mit welchen die öffentlichen Beiträge teilweise gedeckt werden – gerechnet wird mit Steuereinnahmen von rund 350 Millionen Franken. Im Kontext der Winterspiele von Milano-Cortina 2026 geht das IOC von einem BIP-Schub von 3,2 Milliarden Dollar und 22'000 zusätzlichen Vollzeitstellen aus.
Wird es 2030 und später überhaupt noch genug Schnee haben in der Schweiz?
Der Klimawandel ist ein globales Phänomen, das natürlich auch die Schweiz betrifft. Gleichzeitig ist der Alpenraum nach wie vor prädestiniert für die Austragung von Winterspielen, zumal die Höhenlagen der vorgesehenen Austragungsorte von Schneesportarten auch in absehbarer Zukunft Schneesicherheit im Winter bedeuten – insbesondere im Februar, wenn jeweils die Olympischen Winterspiele stattfinden. Für die längerfristige Zukunft des Skisports und -tourismus bleibt der Klimawandel eine grosse Herausforderung, welche ganzheitlich und nicht nur im Rahmen von Winterspielen geklärt werden muss.
Was ist die Rolle der Wintersportverbände?
Zum ersten Mal sind die olympischen Wintersportverbände von Beginn weg stark in den Prozess involviert. Zusammen mit Swiss Olympic arbeiten ihre Entscheidungsträger*innen und Mitarbeitenden an der Machbarkeitsstudie und sind federführend in den Gesprächen mit möglichen Austragungsorten. Denn die Wintersportverbände haben Erfahrung mit der Organisation von Grosssportanlässen in ihren jeweiligen Sportarten.
Im Falle einer Vergabe: Wer organisiert die Spiele?
Bevor die Spiele vergeben werden, wird aufgezeigt werden müssen, wie die Projektorganisation genau aussehen würde. Klar ist, dass die Wintersportverbände zusammen mit Swiss Olympic über das Gesamtprojekt im Lead bleiben werden. Diese würden alle Querschnittsaufgaben wie Marketing, Verkehrskonzepte, Kommunikation mit dem IOC etc. übernehmen. Die grosse Stärke des Konzepts ist, dass die Organisation der einzelnen Disziplinen von den lokalen Organisationskomitees durchgeführt werden würde. Damit wird den lokalen Gegebenheiten Rechnung getragen und die Spiele erstmals dezentral organisiert.